EU-Kommission gefährdet duale Ausbildung im Handwerk

(27. Juni 2014) - Erst einmal klingt ja alles sehr plausibel: Die Europäische Kommission will den Zugang zu den so genannten reglementierten Berufen, z.B. dem Zahntechniker-Handwerk, erleichtern. Das soll den Fachkräftemangel lindern, die Wirtschaft beleben und für niedrigere Preise sorgen.

Abbau von Zugangsbeschränkungen

Deshalb drängt die Kommission die Mitgliedsstaaten, die Zugangsbeschränkungen abzubauen. Bis Ende Februar 2014 sollten die Länder sämtliche "verdächtige Berufe" nach Brüssel melden. Eine solche Zugangsbeschränkung kann auch ein Meisterbrief sein, weshalb das Handwerk, sicher zu Recht, eine Attacke der EU auf die duale Ausbildung und den deutschen Meisterbrief witterte.

Begleitet wird das ganze durch Bestrebungen der EU, einen einheitlichen Berufsausweis einzuführen. Die berufliche Qualifikation soll dafür in allen Mitgliedsländern verglichen werden. Die Mitgliedsstaaten müssen in den kommenden Monaten ihre jeweiligen Berufsqualifikationen überprüfen und in weiterer Folge vereinheitlichen. Die EU plant damit ein allgemeines System zur Anerkennung von Ausbildungsnachweisen und eine automatische Anerkennung von Berufserfahrung.

Standpunkt der EU: "In Anbetracht des Ziels, den Binnenmarkt zu stärken und die Freizügigkeit von Berufstätigen zu fördern und gleichzeitig eine effizientere und transparentere Anerkennung der Berufsqualifikationen zu gewährleisten, würde ein Europäischer Berufsausweis einen Mehrwert darstellen. Dieser Ausweis wäre insbesondere zur Erleichterung der vorübergehenden Mobilität und der Anerkennung im Rahmen der Regelung der automatischen Anerkennung von Nutzen, dient aber auch der Vereinfachung des Anerkennungsverfahrens nach der allgemeinen Regelung ."

In einem Gastbeitrag in der Mittelbayerischen Zeitung (01.03.2014) warnte der ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke vor dem Bestreben der EU-Kommission, die bewährten Strukturen der dualen Ausbildung in Deutschland zu gefährden. Schwannecke weiter: "Wer hier die Axt an die gut funktionierenden Ausbildungs- und Qualifizierungsstrukturen und unseren gelebten Wissenstransfer zwischen Auszubildenden, Gesellen und Meistern legt, gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit dieses Landes.

Berufe auf dem Prüfstand

Zum einen versucht die EU, von Brüssel aus die Inhalte von Ausbildungsberufen beispielsweise im deutschen Handwerk zu regeln. Mit Verlaub, damit kommen in Deutschland die Sozialpartner und die zuständigen Bundesministerien gut allein zurecht. Angesichts der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Handwerks brauchen wir keine Nachhilfe aus Brüssel. Zum anderen stellt die Kommission zurzeit alle Berufe, die eine Qualifikation vorschreiben, auf den Prüfstand. Darunter sind auch 41 Handwerksberufe, die die Meisterprüfung oder eine vergleichbare Qualifikation als Voraussetzung für eine Selbstständigkeit haben. Deutschland soll gegenüber der EU-Kommission in Brüssel rechtfertigen, warum es in diesen Berufen Qualifikationen für die selbstständige Berufsausübung einfordert." Schwannecke schließt mit den Worten: "Die Bundesregierung hat schon im Zuge des Koalitionsvertrages deutlich gemacht ebenso der Bundesrat was sie von solchen Initiativen hält: nämlich völlig zu Recht nichts.

Jagd auf duales Ausbildungssystem

In Europa gibt es sehr unterschiedliche Traditionen der beruflichen Bildung und des Berufszugangs. Sie können sehr wohl nebeneinander existieren. Die Jagd der EU auf das im Handwerk erfolgreiche duale Ausbildungssystem ist durch nichts zu rechtfertigen."

Nachdem es dem ZDH und mit ihm dem VDZI und den anderen Gesundheitshandwerken gerade erst gelungen ist, im Zuge der Novellierung der Handwerksordnung die Meisterqualifikation als Zugangsberechtigung zur selbstständigen Ausübung z.B. des Zahntechniker-Handwerks zu sichern, ist nun schon wieder hohe Wachsamkeit und Einflussnahme dringend angezeigt.

Wie existenziell diese Arbeit der Innungen und unseres Bundesverbandes u. a. an diesen Entwicklungen ist, zeigt sich exemplarisch daran, was 10 Jahre "Liberalisierung" mancher Branche im Handwerk gebracht hat. Fragen Sie einmal einen selbstständigen Fliesenlegermeister in Ihrer Region!

Ich bin sicher: Danach wissen Sie noch besser als heute, warum es sehr wohl Sinn macht, Mitglied einer Zahntechniker-Innung in Deutschland zu sein und damit die Vertretung Ihrer wirtschaftlichen Interessen zu sichern.

Autor: Nils-Frithjof Uding; Geschäftsführer Zahntechniker-Innung Sachsen-Anhalt

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