Corona: Interviews im April 2020 - Der Blick ins Labor- wir haben nachgefragt

(12. Mai 2020) - Wie ist die Situation in Ihrem Labor? Welche Prognosen stellen Sie für die Zukunft auf? Wir haben zur aktuellen Lage im Laboralltag genauer nachgefragt und stellen Ihnen die Antworten von sechs Laboren aus den Regionen der Innungen Nord und MDZI hier im Interview vor.

der artikulator: Bitte stellen Sie Ihren Betrieb kurz vor und sagen uns, wie Sie augenblicklich personell aufgestellt sind und welche besonderen Maßnahmen Sie hinsichtlich der Ergreifung von Schutzmaßnahmen bezüglich Corona vorgenommen haben.

NORD - Breitenbach + Emanuel: Unser Betrieb ist im schönsten Bundesland der Welt, in Schleswig-Holstein, wir arbeiten mit 6 Personen und sind seit 1995 am Markt. Wir haben das gesamte Team in 2 Teams aufgeteilt, welche sich wöchentlich abwechseln. Wir hoffen hierdurch,, im Infektions-/Quarantänefall nur das halbe Team zu verlieren. Die Umsätze erlauben diese Methode zurzeit.

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MDZI - Zahntechnik Lichtenstein: Wir sind ein Unternehmen aus Lichtenstein in Sachsen, bestehend in 2. Generation und seit 1991 mit 30 Mitarbeitern und 3 Auszubildenden am Markt, 5 Kollegen und 1 Auszubildender sind in unserer Niederlassung in Frohburg beschäftigt. In unserem Team wird immer wieder darauf hingewiesen, die Hygiene- und Desinfektionsvorschriften einzuhalten. Sollte es nicht möglich sein, die Abstandsregelungen umzusetzen, sind die Beschäftigten verpflichtet, einen Mundschutz zu tragen. Bei der Auslieferung der Arbeiten achten wir auf eine kontaktfreie Übergabe. Im Aufenthaltsraum wurde die Anzahl der Stühle stark reduziert, sodass nur wenige Mitarbeiter unter Einhaltung aller Vorschriften den Raum nutzen dürfen. Wir sind in der glücklichen Lage, keine großen Probleme mit der Lieferung der Hilfsmittel – Desinfektionsmittel - Handschuhe zu haben. Beim Mundschutz gibt es dann doch Engpässe, wobei hier neue Kontakte geknüpft werden konnten. Da kam bei uns das Angebot aus der Innung mit den wiederverwendbaren Baumwoll-Masken sehr gut an.

NORD - Dental-Technik Schäfer GmbH: Mein Betrieb liegt in Mecklenburg-Vorpommern. Mit mir als Meister sind wir 7 Zahntechniker/innen, 2 Fahrer/Arbeitsvorbereitung, eine kaufmännische Angestellte und 3 Azubis. Ich bin seit 1990 am Markt.

An der Organisation habe ich bisher nichts geändert, wir haben bisher voll zu tun und hatten auch vorher hohe Hygienestandards. Da wir schon immer eine Eingangs- und Ausgangsdesinfektion durchgeführt haben und Anfang des Jahres gerade wieder die Schulungen und Belehrungen zum Arbeitsschutz, also auch zur Hygiene, abgehalten haben, mussten wir kaum etwas ändern. Ich habe zusätzlich an alle Mitarbeiter/innen Mundschutz verteilt. Da wir weiterhin Patienten zur Farbbestimmung und Beratung im Labor haben, desinfizieren wir zudem häufiger die Türklinken und Wasserhähne. Die FFP 2 Masken, die wir vorher bereits hatten, waren leider plötzlich verschwunden und die Neubestellung von vor 4 Wochen ist immer noch nicht lieferbar…

NORD - Dental-Technik Schiebler GmbH: Mein Labor befindet sich in Hamburg-Altona, wurde 1971 von meinem Vater gegründet und wird von mir seit 1999 in zweiter Generation weitergeführt, ich habe etwa 30 Mitarbeiter. Wir haben die Mitarbeiter in 2 Gruppen aufgeteilt, die eine arbeitet vormittags, die andere nachmittags, so dass sie sich nicht begegnen. Wir haben die Möglichkeiten der Handygiene verbessert und ausgeweitet, die Desinfektion von Abdrücken und Zahnersatz verstärkt. Alle Mitarbeiter haben mind. 1,5 Meter Abstand zu den Kollegen durch Umsetzen von einzelnen Mitarbeitern. Patienten werden zurzeit nicht mehr im Labor empfangen.

MDZI - Berliner Labor: Wir sind 8 Beschäftigte im Labor, 4 Vollzeit, 4 halbtags. Bis auf den Betriebsinhaber und eine Mitarbeiterin sind alle in Kurzarbeit seit März ohne regelmäßige Beschäftigung, eine Mitarbeiterin arbeitet im Homeoffice und kümmert sich um Abrechnung und Administratives. Es werden abwechselnd die Mitarbeiter zur Arbeit gerufen, je nach Auftragslage und Kompetenzbereich. Gerade aktuell ist das Labor voll besetzt, weil genug Aufträge da sind. Damit ergaben sich neue Herausforderungen: Abstandsregelungen und Hygienemaßnahmen, die vermittelt werden müssen, Betriebsanweisungen neu ausgeben.... Das Arbeiten mit Handschuhen und Masken ist beschwerlich, die Vorsichtsmaßnahmen sind noch nicht bei allen verinnerlicht.

MDZI - Zahntechnik Anke Schmitt: In unserem Labor arbeiten 5 Mitarbeiter. Bis auf die Inhaberin und den Mitarbeiter in der Büroadministration wechseln die Kollegen untereinander, sodass 2 Beschäftigte zu Hause bleiben. Doch je nach Auftragslage sprechen wir uns ab, wie die Besetzung im Labor erfolgt. Unsere Kollegen sind sehr flexibel - sie haben die Situation verstanden. Die Umsetzung der Schutzmaßnahmen in unserm Labor wurden im Team besprochen und erfolgreich umgesetzt. Unsere Räumlichkeiten erlauben uns, großzügig die Abstandsreglung zu gewährleisten. Es ist jedoch schwierig, ausreichend Hilfsmittel für die Schutzmaßnahmen (Desinfektionsmittel, Mundschutz, Handschuhe) zu bekommen. Wir freuen uns deswegen sehr über das Angebot der FFP2 Mundschutzmasken der Geschäftsstelle.

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der artikulator: Wie hat sich Ihre Auftragslage und die Ihrer Kunden verändert und wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung der Wirtschafslage ein?

NORD - Breitenbach + Emanuel: Q1 war hervorragend gut. Der April hat sich dann auf 50% des üblichen Umsatzniveaus entwickelt. Bei den Praxen ist die Lage heterogen. Einige wenige Praxen behandeln, als ob es kein Morgen mehr gäbe, wiederum einige wenige Praxen sind sehr ängstlich und bieten nur Notbehandlung an, sehr wenige Praxen sind in Quarantäne. Die meisten arbeiten pragmatisch im Regelwerk weiter, allerdings sind die meisten Patienten deutlich zurückhaltender als vor der Krise, von daher sind die Umsätze deutlich reduziert. Wenn die Einschränkungen Ende Mai enden würden, hätten sie unterm Strich keine Auswirkungen auf unseren Betrieb. Bei Ende Juni schätze ich den Umsatzrückgang auf 10% aufs Jahr gesehen. Für eine Einschätzung der Auswirkungen bei länger andauernden Einschränkungen bräuchte ich eine Glaskugel, die habe ich gerade verlegt….

MDZI - Zahntechnik Lichtenstein: Die Mitarbeiter arbeiten gut zusammen, unsere Kollegen haben den Ernst der Lage erkannt. Wir haben 2 Teams gebildet und versuchen somit eine optimale Auslastung und Gestaltung bezüglich der Arbeitslage zu gewährleisten. Kurios war, dass wir im März, in einer Zeit der Vollbeschäftigung, auf Grund hoher Auftragslagen, die nur mit Mehrleistungen zu bewältigen waren, über Kurzarbeit reden mussten. Das ist ein irrealer Zustand. Die Situation mit unseren Kunden ist sehr unterschiedlich. Es gibt Praxen, die „ganz normal“ arbeiten, wogegen andere geschlossen haben. Somit hat sich natürlich unser betrieblicher Zustand verschlechtert. Wir nutzen die Möglichkeiten der Kurzarbeit, welche wir in Abhängigkeit der Bedürfnisse der Auftragslage gestalten. Im Moment stellen wir alle angefangenen Arbeiten fertig, bekommen aber nur wenige Aufträge - Reparaturen, Schienen und Interimsversorgungen - wir hoffen, dass unsere Kunden ab Mai wieder normal arbeiten und ein Anstieg der zu fertigenden Arbeiten zu verzeichnen ist. Sollte es keine Veränderung bei den Beschränkungen für Covid - 19 geben, haben auch wir mit Schwierigkeiten zu kämpfen.

NORD - Dental-Technik Schäfer GmbH: Wir hatten im ersten Quartal sehr gut zu tun, daher hatten wir anfangs noch einen starken Überhang aus Februar und März abzuarbeiten. Dann kam aber deutlich weniger nach. Der Anteil an Neuarbeiten ist um ca. 50 % gesunken. Unterm Strich sind wir bisher aber immer noch voll ausgelastet gewesen. Wenn weniger zu tun war, haben wir uns mit der Optimierung von Arbeitsprozessen, der Überarbeitung von Wartungsplänen und der Rezertifizierungsvorbereitung beschäftigt, es gibt immer etwas zu tun...

Drei Praxen machen normal weiter. Von dort kommen eher mehr als weniger Aufträge als vorher, weil einige Patienten zu diesen Praxen wechseln. Der Anteil an Interims- und Sofortprothesen ist gestiegen. Ca. 2/3 der Praxen öffnen im empfohlenen Notbetrieb und machen keine Präparierungen und keine Prothetik – außer Repis und Notversorgungen.

Wenn die Einschränkungen zum 1. Mai enden würden, wäre alles gut. Bei einer Verlängerung bis Ende Mai und darüber hinaus würde es langsam kritisch werden. Das Szenario, dass die Einschränkungen in der 2. Jahreshälfte erneut in Kraft gesetzt werden, macht mir am meisten Sorgen. Dann würden möglicherweise alle Praxen ausfallen. Zudem würde die Lage für die Patienten, die selbst hohe finanzielle Ausfälle haben, noch kritischer werden und damit die Nachfrage nach hochwertigem Zahnersatz sinken. Die Billigkonkurrenz aus dem Ausland wird dann wieder Hochkonjunktur haben. Unsere Region lebt vom Tourismus, dort hat ein Großteil der Bevölkerung finanzielle Probleme, die auch wir spüren werden.

NORD - Dental-Technik Schiebler GmbH: Wir machen fast nur noch Kunststoffarbeiten, Schienen und Reparaturen, in diesem Bereich haben wir einen Auftragsrückgang von ca. 50%, im Bereich festsitzender Zahnersatz beträgt der Rückgang ca. 90%, durch Personalreduktion und Kurzarbeit kriegen wir das nur teilweise aufgefangen. Die Praxen haben reduzierte Öffnungszeiten und haben teilweise wochenweise ganz geschlossen gehabt, es ist aber Besserung in Sicht, die Praxen signalisieren, dass es langsam wieder losgehen soll. Egal wie lange die Einschränkungen fortdauern, die Zahnersatznachfrage wird sich nur sehr langsam erholen, eine Rückkehr zu einem Vorkrisenniveau gibt es erst nach einer massenweisen Impfung. Danach ist aber auch mit einem Nachholeffekt zu rechnen.

MDZI - Berliner Labor: Der April war besonders dürftig, vermutlich ist die Auftragslage um 70-80% zurückgegangen, besonders auch wegen der Osterfeiertage und Ferien. Für die Zukunft vermute ich einen Auftragsrückgang von ca. 50%. Wie lange das anhält, weiß ich nicht abzuschätzen. Vermutlich werden wir die Kurzarbeitsregelungen bis Ende Mai aufrechterhalten müssen. Die Zahnärzte haben normale Öffnungszeiten, trotzdem kommt wenig rein.

MDZI - Zahntechnik Anke Schmitt: Die Besetzung unserer Praxen ist unterschiedlich und breit gefächert: Von nur „Notbetreuung“ bis zum „normalen“ Praxisbetrieb bei geringeren Patientenbestellungen, sodass wir immer erreichbar sein müssen. Aber wir freuen uns natürlich über diese „kleine Normalität“. Die Praxen sprechen die Behandlungszeiten mit uns ab, so können wir uns sehr gut darauf einstellen. Wir stellen jetzt alle angefangenen Arbeiten fertig, bekommen aber keine neuen Aufträge ins Labor, somit ist jetzt die Situation der schlechten Auftragslage auf seinem Höhepunkt. Sollten die Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie anhalten, ist es für uns eine Katastrophe.

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der artikulator: Haben Sie staatliche Hilfen, wie Kurzarbeitergeld, Zuschüsse oder Stundungen von Steuern oder Sozialabgaben in Anspruch nehmen können?

NORD - Breitenbach + Emanuel: Wir haben Kurzarbeitergeld und Soforthilfe beantragt. Das Kurzarbeitergeld wurde genehmigt bis 31.7.20. Bislang machen wir 50% Kurzarbeit. Wir stocken die Löhne teilweise bis zum ehemaligen Nettolohn auf. Auf den Bescheid zur Soforthilfe warten wir noch. Die Gewerbesteuer haben wir auf Stundung gesetzt.

MDZI - Zahntechnik Lichtenstein: Wir haben zurzeit noch keine staatlichen Hilfen beantragt, da sich auch die Beantragung bzw. die Erfüllung der Voraussetzungen schwierig gestaltet. Sollte der Zustand aber noch länger anhalten, müssen auch wir einen Antrag zu Unterstützung stellen und im Notfall nutzen.

Im Moment sind unsere Mitarbeiter mit unterschiedlichen Modellen in Kurzarbeit, die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes führen wir jetzt durch, zunächst nach Beurteilung der wirtschaftlichen Lage von Monat zu Monat.

NORD - Dental-Technik Schäfer GmbH: Bisher hatten wir gut zu tun und Kurzarbeit musste nicht sein. Ich habe meinem Team gesagt, dass gegebenenfalls eine Aufstockung auf 80 % möglich wäre, aber nur für wenige Monate.

Ich habe vorsorglich Kurzarbeit angezeigt und gleich nach 2 Tagen einen Rückruf erhalten. Einen Liquiditätszuschuss habe ich ebenfalls bereits erhalten. Aufgrund der Unsicherheit, ob ich letztendlich einen Liquiditätsengpass nachweisen kann oder irgendwann eine Rückforderung droht, bin ich sehr vorsichtig damit, den Zuschuss zu verbrauchen. Auf Reparaturen und Ersatzbeschaffungen verzichte ich vorläufig. Ich habe die Stundung für Steuerschulden beantragt.

NORD - Dental-Technik Schiebler: Wir machen Kurzarbeit seit dem 01.03., ohne Aufstockung. Die Steuervorauszahlungen habe ich für dieses Jahr auf Null setzen lassen, da ich nicht mit einem positiven Betriebsergebnis in meiner GmbH rechne. Stundungen habe ich bisher nicht beantragt.

MDZI - Berliner Labor: Wir haben die Soforthilfe unkompliziert erhalten. Damit lässt sich einiges überbrücken. Das Kurzarbeitergeld haben wir nicht aufgestockt, steuerliche oder sozialversicherungstechnische Erleichterungen haben wir nicht in Anspruch nehmen müssen. Wir hoffen, erstmal so über die Runden zu kommen.

MDZI - Zahntechnik Anke Schmitt: Wir haben eine Soforthilfe bekommen, die hilft erst einmal. Sollte sich die Auftragslage nicht verbessern, müssen wir zusätzlich die Kurzarbeit auf alle Kollegen ausdehnen. Eine Aufstockung ist uns leider nicht möglich. Geplante Vorhaben in unserem Unternehmen werden in dieser Situation erstmal verschoben (neues Botenauto, Klimaanlage für das Labor). Die Möglichkeiten der Stundungen haben wir letztendlich nicht in Anspruch genommen.

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der artikulator: Wie sind Ihre Erfahrungen mit den Azubis in dieser Zeit?

NORD - Breitenbach + Emanuel: Die Auszubildende ist einem der beiden Teams zugeteilt und ist somit ebenfalls nur die Hälfte der Zeit im Betrieb. In den Zeiten, wo sie zu Hause ist, hat sie zur Aufgabe, Themen, welche sie bereits kennengelernt hat, in Form von Berichten, Zeichnungen etc. zu schreiben und in ihren Ausbildungsnachweis zu integrieren. Also so ähnlich, wie es noch während meiner Ausbildung Anfang der 80 Jahre normal war. Wir haben immer genügend Zeit für die Ausbildung, da wir grundsätzlich nur dann ausbilden, wenn wir hierfür auch die Ressourcen haben. Für uns sind die Azubis Nachwuchs und keine billigen Arbeitskräfte.

MDZI - Zahntechnik Lichtenstein: Die Auszubildenden werden zu Mitarbeitern und übernehmen in manchen Bereichen die Arbeiten der Kollegen, die in Kurzarbeit sind, haben somit die Chance erhalten in ihrer Ausbildung weiter zu kommen – und erfahren in einigen Abteilungen einen erstaunlich schnelleren Ausbildungserfolg. Die gewonnene unfreiwillige „Freizeit“ benötigen wir für die umfangreiche tägliche Mitarbeiterplanung und für alle Gebiete der Administration.

NORD - Dental-Technik Schäfer GmbH: Die Schule läuft digital. Wir sind seitens der Kammer gut informiert worden. Unsere 3 Azubis werden während der regulären Schulzeiten freigestellt (6 Zeitstunden pro Tag in der Schulwoche) und durften sich aussuchen, ob sie zuhause oder im Betrieb lernen. Sie haben sich alle für das Lernen im Betrieb entschieden und führen dort ihre Lernaufgaben und Tests durch und unterstützen sich gegenseitig. Die restlichen 2 Stunden arbeiten sie im Betrieb mit. Mehr Zeit für die Ausbildung haben wir nicht, da wir bisher gut zu tun hatten. Aber durch das Lernen im Betrieb ist der Austausch über die Ausbildungsinhalte intensiver geworden, das erlebe ich als positiv.

NORD - Dental-Technik Schiebler: Die Azubis sind aus Infektionsschutzgründen auch in den betrieblichen Schichtdienst eingeteilt und arbeiten daher zurzeit auch mit verringerter Stundenzahl. Mehr Zeit für die Ausbildung haben wir eigentlich nicht, da die Azubis weniger Stunden arbeiten und teilweise auch Aufgaben wie Modellherstellung und Desinfektion der Räumlichkeiten zum Schichtwechsel übernehmen müssen.

derartikulator: Letze Frage: Wie sind Ihre Erfahrungen der zwischenmenschlichen Art in Bezug auf kollegiales Miteinander, mögliche Existenzängste und Sorgen Ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen? Sehen Sie auch positive Auswirkungen der Corona-Krise?

NORD - Breitenbach + Emanuel: Die Möglichkeit von Kurzarbeit gehört bei uns bereits zum Arbeitsvertrag. Hier haben wir aus der Krise Anfang des Jahrtausends gelernt. Insofern war die Einführung von Kurzarbeit und die diesbezügliche Kommunikation mit den Mitarbeitern kein Problem. Die finanziellen Einbußen für die Mitarbeiter gleichen wir durch eine freiwillige Zahlung teilweise bis zum ehemaligen Nettogehalt aus.

Als Kleinbetrieb betrachten wir uns als Team, Einer für Alle und Alle für Einen. Anders können wir uns das auch nicht vorstellen. Natürlich muss immer klar sein, wer ist Häuptling, wer Indianer. Trotzdem nehmen wir uns alle in der jeweiligen Rolle ernst und wertschätzen einander. Das Finanzielle kommunizieren wir hier offen, d.h. die Mitarbeiter kennen unsere Zahlen. Damit haben wir über all die Jahre sehr gute Erfahrungen gemacht, es erzeugt klarere Bilder von den Notwendigkeiten in der Betriebsstruktur und somit weniger Gerangel um Marginalien.

Die Folgen der Krise machen wir ebenfalls mit Hilfe der Zahlen klar. Glücklicherweise haben wir gute Reserven, so dass wir mit Hilfe von KuG, Überstunden abbummeln und dem Eigenkapital des Betriebes mittelfristig nicht in Probleme laufen sollten. Die transparente Darstellung all dessen hilft den Mitarbeiter/innen, keine irrationalen Ängste zu entwickeln.

Was Ängste betrifft, sind Gruppen- und Einzelgespräche- je nachdem – sinnvoll. Oft beschränken sich Menschen ja in der Bewältigung von Ängsten auf ihre Urmechanismen, also Flucht, Angriff oder verstecken. Wir versuchen dann, den Blickwinkel ins Rationale zu öffnen, d.h. Problemerkennung, Analyse, Priorisierung, Handlung daraus ableiten und dann auch handeln.

Bislang haben wir keine Trends erkennen können, dass Mitarbeiter/innen nach anderen Tätigkeitsfeldern schauen.

Positiv: Man kommt sich näher, trotz 2 m Abstand, die Wahrnehmung füreinander und der Austausch sind intensiver geworden. Vielleicht bleibt ja davon etwas übrig, wenn die Krise bewältigt ist. Das wäre aus unserer Sicht auch ein gesellschaftlicher Gewinn.

MDZI - Zahntechnik Lichtenstein: Die erfahrenen Kollegen konnten mit dieser Situation etwas besser umgehen, da Sie mit Kurzarbeit aus vergangenen Zeiten schon konfrontiert wurden. Den Mitarbeitern, vor allem den jüngeren, haben wir in Gesprächen versucht, die Angst vor Kündigung und Existenzverlust vorerst zu nehmen - wir bemühen uns, die Kurzarbeit so gut und so sozial gerecht wie nur irgend möglich zu gestalten und jedem aus unserem Team das Gefühl zu geben, mit seiner Arbeit Teil des Ganzen zu sein. Zu den positiven Auswirkungen der Corona-Krise zählen bei uns auf jeden Fall der soziale Zusammenhalt unter unseren Mitarbeitern und unseren Kunden.

Wir blicken hoffnungsvoll in eine im Moment „ungewisse“ Zukunft.

NORD - Dental-Technik Schäfer GmbH: Ich habe im Team über die Möglichkeit von Kurzarbeit gesprochen und kommuniziere laufend den aktuellen Stand. Die meisten haben Angst, mit dem Kurzarbeitergeld nicht auszukommen, auch nicht mit einer Aufstockung auf 80 %.

Wir sprechen regelmäßig über die Lage und tauschen uns auch in politischer Hinsicht kritisch aus. Die Sorgen nehme ich ernst. Wir haben alle die Sorge, dass wir die Krise auf lange Sicht spüren werden, weil die ganze Region unter dem Ausfall des Tourismus leidet und die Partner/innen zum Teil auch in Branchen arbeiten, die stark betroffen sind. Am anstrengendsten ist es zurzeit wohl für Eltern, die freuen sich zum Teil, wenn sie bei der Arbeit sein dürfen. In unserer unmittelbaren Umgebung sehe ich keine attraktiven Alternativen als Arbeitgeber, insofern bin ich entspannt. Ob es positive Auswirkungen der Corona-Krise gibt? ...wenn man tödliche Stille mag....

NORD - Dental-Technik Schiebler: Ich bin bei der Darstellung der Lage auf sehr viel Verständnis gestoßen, einige Mitarbeiter haben mir nach dem Gespräch sogar gesagt, dass ich das einzig Richtige tue und dass ich das gut machen würde. Ich beziehe meine Mitarbeiter in die meisten betrieblichen Dinge und Entscheidungsprozesse mit ein, so habe ich sie auch auf meiner Seite. Ich musste am Tag der Verkündung der Kurzarbeit vorher 3 Mitarbeiter entlassen, zugleich konnte ich versichern, dass keine weiteren Entlassungen geplant sind, wenn die Mitarbeiter die Kurzarbeit entsprechend umsetzen und keine Stunden „schinden“. Da die Mitarbeiter mich lange kennen und mir vertrauen, konnte ich ihnen diese Angst nehmen. Die Gefahr von beruflichen Umorientierungen sehe ich nicht, da es kaum relevante Angebote gibt und diese Jobs auch nicht als sicher zu bewerten sind. Eine positive Auswirkung der Krise ist die Stärkung des Zusammenhalts im Team. Vielleicht gehen wir am Ende auch gestärkt aus dieser Krise hervor. Positiv denken!

MDZI - Berliner Labor: Die Stimmung ist trotz der Krise gut. Wir haben den Mitarbeitern Abschlagszahlungen geleistet, damit sie über den Monat kommen, Kurzarbeitergeld wird ja erst zum Ende des Monats feststellbar und damit zur Auszahlung bereit. Finanzielle Sorgen einzelner Mitarbeiter wurden besprochen und gemeinsam gelöst. Bei uns besteht keine Panik, der Umgang mit der Situation erfolgt harmonisch und kooperativ. Ich freue mich, wenn wieder alle Mitarbeiter im Labor sein können. Jedoch stellt uns das vor wirklich sehr große Herausforderungen, was die Gewährleistung der Abstandsregelungen und Hygienemaßnahmen anbelangt. Positiv empfanden wir die erste Phase der Entschleunigung. Man hatte mehr Zeit, sich der Herstellung des Zahnersatzes zu widmen. In dem Punkt befürchten wir, dass sich das bei Normalisierung der Lage sofort in den normalen ZT-Wahnsinn umkehrt, bzw. noch schärfere Züge annimmt, weil die Kunden Umsätze generieren wollen und den Druck an uns weitergeben. Auf der anderen Seite sind wir froh, wenn es dann wieder genug Arbeit für alle gibt.

MDZI - Zahntechnik Anke Schmitt: Die Stimmung in unserm Labor ist gut. Unser Team ist sehr kooperativ, wir reden sehr viel mit den Kollegen und erklären die Notwendigkeiten der Maßnahmen. Die Anträge für Kurzarbeitergeld haben wir gemeinsam ausgefüllt. Die Mitarbeiter sind sehr einsichtig, obwohl es auch Ängste gibt - Arbeitsplatzverlust, wie wird es weiter gehen…? Wir können aber auch nichts ausschließen, versuchen so gut es geht durchzuhalten und es hinzubekommen, dass es keine Kündigungen geben wird. Wir sind als Team noch mehr zusammengewachsen und unterstützen uns gegenseitig. Das empfinden wir als positive Auswirkung der Corona-Krise. Wir freuen uns über kleine Dinge des Lebens, auch wenn es nur ein Spaziergang ist. Die Situation macht uns dankbarer und bescheidener, wir besinnen uns auf das Wesentliche - kommen besser zur Ruhe, da durch die Einschränkungen der Corona-Pandemie die Hektik aus dem Alltag genommen wurde.

der artikulator: Wir danken den Laboren für die Teilnahme an den Interviews!

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